Predigt zu Lukas 12, 16-23
Liebe Festgottesdienstgemeinde und vor allem lieber Klaus Tillmann,
heute ist solch ein großer Festtag: Wir feiern die gute Ernte in unseren Gärten, auf unseren Feldern und wir feiern mit Ihnen, lieber Klaus Tillmann, Ordination, die auch etwas von einem Erntedank hat. Denn Theologiestudium und Vikariat sind gelungen und liegen quasi mit auf diesem Erntedankaltar.
Wir beglückwünschen Sie. Und ich beglückwünsche die Kirchengemeinden Betzenstein und Hüll, dass die Vakanz so schnell und erfreulich beendet ist. Willkommen auch Ihrer Verlobten, Ihnen, liebe Teresa Tanner. Möge Ihnen beiden das Pfarrhaus ein Zuhause und die Gemeinde eine menschliche und geistliche Heimat werden.
Das Evangelium des Sonntags fährt in diese frohe Stimmung wie ein Paukenschlag hinein. Gott spricht: „Du Narr! Diese Nacht wird man deine Seele von dir fordern; und wem wird dann gehören, was du angehäuft hast?“ Da könnte einem fast die Festfreude vergehen. Zumindest einige in der Gemeinde werden sich fragen: Bin auch ich ein Narr? Es ist gar nicht schlecht, wenn wir alle uns das ab und zu fragen.
Warum ist der reiche Kornbauer eigentlich ein Narr? Meines Erachtens aus drei Gründen:
Der erste Grund: Seine Wirklichkeitswahrnehmung ist mehr als getrübt. Er liegt in seiner Einschätzung daneben, wenn er sagt: „Ich habe nichts, wohin ich meine Früchte sammle.“ Dabei hat er Scheunen. Er hat bereits Früchte gesammelt. Aber von seinem Gefühl her hat er – „nichts“, wohin er seine Früchte sammeln könnte. Das ist als wenn ich vor meinem vollen Kleiderschrank stehen und stöhnen würde: „Ich habe nichts, was ich heute Abend anziehen könnte“. Oder ein Jugendlicher macht zu Hause den gut gefüllten Kühlschrank auf, und seufzt: „Es ist ja nichts da“. Offensichtlich sehen wir manchmal nicht mehr, wie viel wir haben – vielleicht gerade weil es so viel ist.
Liebe KVs der Gemeinden Betzenstein und Hüll, Ihr seid ein gutes Gegenbeispiel. Ihr hättet Euch in der Vakanz auf die Schmollbank setzen und stöhnen können: „Ach wir Armen haben keinen Pfarrer.“ Stattdessen habt Ihr gesehen, dass Ihr mit Pfarrer Knobloch einen Pfarrer hattet, der sich nicht nur um seine Gemeinde in Plech kümmerte, sondern ganz sorgsam auch um Euch.
Statt die Vakanz als tote Zeit zu deklarieren, wurde die Kooperation in der Region verstärkt in der Konfirmandenarbeit; Ihr habt Euch freundschaftlich mit dem Plecher Kirchenvorstand getroffen und feiert große Gottesdienste gemeinsam - wie die Weidenkirchenkirchweih vor Kurzem und heute die Ordination. Eure Haltung auch zwischen Betzenstein und Hüll war und ist: Wir haben viel, aber gemeinsam haben wir noch mehr. Weiter so! Gottes Segen zu diesem Weg!
Der zweite Grund, weshalb der reiche Kornbauer ein Narr ist: Als Kind hörte ich den scherzhaften Ausruf: „So fängt´s an, dass man irr wird, wenn man mit sich selbst spricht“. Das habe ich mir gemerkt und ertappe mich doch manchmal selbst dabei. Dann lache ich über mich selbst und lasse mein Selbstgespräch zum Gebet werden.
Der Hauptteil dieses Bibelwortes ist ein langes Selbstgespräch des Kornbauern - und Gott reagiert darauf: „Du Narr“. Der Reiche berät weder mit Menschen darüber, was angesichts seines hohen Ertrages zu tun ist, noch dankt er Gott dafür. Er kreist mit seinen Gedanken um sich selbst. Das macht ihn zum Narren. Würde er mit anderen und mit Gott seinen Überfluss besprechen, käme er vielleicht zu anderen Zukunftsplänen.
Gelingendes Leben geschieht in Gemeinschaft mit Gott und mit anderen Menschen. Die zunehmende Vereinzelung der Menschen in unserer Gesellschaft - ist ein großer Fehlweg. Darum kann ich Sie alle nur beglückwünschen, dass Sie heute in die Kirche gekommen sind und mit anderen diesen Gottesdienst feiern und auch danach noch - wenn Sie können - dableiben und mit dem einen und anderen ratschen. Das ist wichtig, das hält uns menschlich gesund und gehört zum Christsein.
Im Schwäbischen sagt man zu dem, was der Kornbauer in seinem Selbstgespräch macht: „In sich reinbruddeln“ - das käme Ihnen, lieber Klaus Tillmann, nie in den Sinn. Sie sind eindeutig ein Gemeinschaftsmensch. Das ist auch wichtig für diese Pfarrei. Betzenstein ist zwar Stadt, aber sie ist stolz mit ihren 900 Einwohnern die kleinste Stadt Frankens zu sein. Da muss man - wenn man hier Pfarrer sein will, schon auch Dorfmensch sein, mit den Menschen leben wollen und können. Und das können Sie.
Selbst in Ihrem Studium in Neuendettelsau und im fernen Greifswald und Göttingen haben Sie nicht aufgehört im Schützenverein Neutras und im Posaunenchor Ihrer Heimatkirchengemeinde Hirschbach weiter aktiv zu sein. Sie lieben Gemeinschaft und Ihnen ist wichtig für die christliche Gemeinschaft in Ihren Kirchengemeinden und der Region zu sorgen. Es braucht Menschen wie Sie, die gepflegte Gemeinschaft untereinander fördern - und auch die Gemeinschaft mit Gott. Ihr Herzensanliegen ist, dass Menschen zum Glauben finden und in ihm gestärkt werden. Das sehen Sie als Ihren Auftrag und das ist er auch.
Die grundlegendste Äußerungsform des Glaubens ist nun einmal das Gespräch mit Gott, das unser Kornbauer ganz verlernt hat. Wie gut, dass wir im Gottesdienst so viele Weisen zu beten haben. Schon unser erstes Lied - Tut mir auf die schöne Pforte - ging ja über in ein Gebet: „Ich bin Herr zu Dir gekommen, komme Du nun auch zu mir“.
In jedem Gottesdienst beten wir und dieses praktizierte Gebet hilft uns auch im Alltag im Gespräch mit Gott zu bleiben. Dann sagt Gott nicht: „Du Narr!“ Wir sind doch dann ein Glückskind, das den Weg zu seinem Vater im Himmel gefunden hat.
Und der dritte Grund: Der reiche Kornbauer legt die Zufriedenheit seiner Seele in die Zukunft. Wenn er neue Scheunen haben wird, dann wird er zu seiner Seele sagen: Nun liebe Seele „iß und trink und habe guten Mut“. Derjenige ist ein wirklicher Narr, dessen Seele erst zufrieden ist, wenn sie etwas in Zukunft erreicht haben wird. Ein solcher Mensch wird nie zufrieden sein. Entweder, wir sind heute dankbar oder nie.
Indem wir Gott DANKE! sagen, nehmen wir solcher Narretei der Unzufriedenheit den Wind aus den Segeln. Wir danken heute für ein Jahr mit guter Ernte in den Gärten und auf den Feldern, danken den Bauern ihre Arbeit. Wir danken Gott, dass Klaus Tillmann in den Dienst als Pfarrer treten will und da ist!
Vor der Ordination muss jeder angehende Pfarrer oder Pfarrerin eine Stellungnahme verfassen, die dann Grundlage des Gesprächs ist, mit der Regionalbischöfin. In Ihrer Stellungnahme, lieber Herr Tillman, habe ich zwischen den Zeilen sehr viel Dankbarkeit wahrgenommen:
Sie sind dankbar, dass Sie in einem frommen Elternhaus aufgewachsen sind. Zu beten, Gott zu bitten und ihm „Danke!“ zu sagen, das gehörte von klein auf zu Ihrem Leben. Ihre Eltern stellten gute Weichen, so dass Sie bereits mit zehn Jahren in die Jungschar gingen und auch in der Kinderstunde am Sonntag biblische Geschichten hörten.
Nach Ihrer Konfirmation bauten Sie sogar selbst zusammen mit anderen eine Jugendarbeit auf und lernten, zu leiten. Sie sind dankbar dafür - und auch, wie sich alles weitere in Ihrem Leben entwickelte. Sie hätten genauso gut Mathe und Physik fürs Lehramt studieren können, doch, Ihr damaliger Gemeindepfarrer, sprach Sie an, ob Sie nicht Theologie studieren wollen.
Sie probierten es einfach aus. Freilich waren Ihnen die wissenschaftlichen Fragen, die behandelt wurden, fremd. Sie sind dankbar, dass ein Gemeindepraktikum Ihnen Ihre Zweifel nahm, ob Sie auf dem richtigen Weg sind. Zunehmend machten Sie danach im Theologiestudium die Erfahrung, dass diese Fragen sogar sehr viel mit Ihrem Leben und Glauben zu tun haben. Ihr Horizont für Fragen und mögliche Antworten weitete sich und der Zugang zur Bibel vertiefte sich.
In Ihrem Vorbereitungsdienst in Waldershof merkten Sie, wie gut das Studium Sie ausgerüstet hatte. Auch die Waldershofer merkten das und wollten Sie am liebsten behalten, zumal das Pfarrersehepaar Krafft, Ihre Mentoren, in diesem Sommer auch die Gemeinde verließen.
Doch es ist gut, als junger Pfarrer an einem neuen Ort seinen Weg zu beginnen. So schlug ich Ihnen Betzenstein/Hüll vor.
Wir sind dankbar, dass Sie nun hier sind und dass Sie bereit sind, Ihr Leben lang - denn die Ordination gilt über den Ruhestand hinaus - Christus zu verkünden und zu lehren, was er uns gelehrt hat. Dazu gehört es auch, solche biblischen Geschichten, wie die heutige, auszulegen - damit wir keine Narren sind, die meinen nichts zu haben oder zu können, um uns selbst kreisen - wo möglich im Selbstgespräch - und unzufrieden sind. Gott will, dass wir glücklich - und auf andere Weise reich - sind, indem wir sehen, was wir haben, Gemeinschaft untereinander und mit Gott pflegen und dankbar sind, schon jetzt.
Glaubende sind durch Jesus befreite Narren, die sich von ihm täglich befreien lassen zum Leben, das uns reich macht und die Menschen um uns.
Lieber Klaus Tillmann, er schenke Ihnen stets solches Leben und durch Ihre Verkündigung auch anderen. Zum Dienst der öffentlichen Verkündigung wollen wir Sie nun ordinieren.
Lasst uns nun vor der Ordination singend um das Wirken des Heiligen Geistes bitten - an uns allen und besonders an Ihnen.